Solinger Tageblatt

 

Schüler fragen Otto Rehhagel aus

Kult-Trainer Rehakles

Otto Rehhagel in der Erika-Rothstein-Schule: Er war authentisch, nahbar und schreckte vor keiner noch so privaten Frage zurück. Foto: Christian Beier
Otto Rehhagel in der Erika-Rothstein-Schule: Er war authentisch, nahbar und schreckte vor keiner noch so privaten Frage zurück. 

Erika-Rothstein-Schule: 150 Kindern steht der Erfolgstrainer Rede und Antwort und gibt Weisheiten weiter.

 

Von Timo Lemmer

 

Wer dachte, dass die 6- bis 17-Jährigen Schüler der Erika-Rothstein-Schule mit Otto Rehhagel nichts anfangen können, der sah sich am Freitagmorgen in der Turnhalle der Höhscheider Schule getäuscht. Ihre Fragen hatten die Schüler perfekt auf den prominenten Gast abgestimmt. Und als ein Schüler nach Rehhagels Vortrag fragte, wie alt der Fußballtrainer denn nun sei, schallte es im Chor: „78!“

 

Stimmt, der Essener wird im August 79 – nicht nur mit diesem Aspekt seiner Biografie waren die Schüler bestens vertraut. Über eine Stunde lauschten sie dem Ex-Fußball-Profi, der als Trainer ab Mitte der 1970er Jahre dann noch erfolgreicher wurde, und fragten ihn anschließend intensiv aus. Rehhagel war authentisch, nahbar, schreckte vor keiner noch so privaten Frage zurück und berichtete anekdotenreich aus seinem Leben. Die Schüler hatten sichtlich Spaß am Auftritt Rehhagels. Er hatte für die Förderschüler neben amüsanten Geschichten vor allem einige Lebensweisheiten dabei.

 

Das beeindruckte so sehr, dass nicht nur die Autogramme des 78-Jährigen reißenden Absatz fanden, sondern Rehhagel auch dutzendfach als Foto-Motiv herhalten musste. Arm in Arm – auf Tuchfühlung mit einem Europameister.

 

„Ohne Fleiß, kein Preis. Und haltet euch an die Regeln.“

Otto Rehhagel

 

Die Schule arbeitet eng mit Eyyüphan Duy zusammen, dessen Jugendhilfswerk „Dein Kult“ in Essen sitzt. Ihm gehe es darum, „Jugendlichen zu helfen, in der Berufswelt klarzukommen“. Und im Alltag. Dabei hat der Essener, der in seinem Café auch Handarbeiten der Solinger Schüler verkauft, häufig prominente Unterstützung. Das Ruhrgebiets-Kind Rehhagel ist einer dieser Promis.

 

SPIELER + TRAINER 

SPIELER Rehhagel begann in seinem Stadtteil Altenessen als Zwölfjähriger mit dem Fußball. Ehe er mit 33 die Schuhe an den Nagel hing, lief er für RW Essen, Hertha BSC Berlin und Kaiserslautern über 200 Mal als Verteidiger in der Bundesliga auf.

TRAINER

In seiner zweiten Amtszeit bei Werder Bremen (1981 bis 1995) sammelte er mit zwei Meisterschaften und zwei Pokalsiegen sowie einem Europapokal-Sieg Titel in Serie. Die Meisterschale reckte er auch mit Kaiserslautern in die Höhe (1999), den Pokal mit Düsseldorf (1980). Das i-Tüpfelchen gelang dann mit Griechenland – den Fußballzwerg machte Rehhagel 2004 zum Sensations-Europameister.

Duy, der auf dem Podium neben Rehhagel und Schulleiterin Susanne Wywiol Platz nahm, sagte: „Wir sind froh, mit König Otto hier zu sein.“ König Otto? Einer von Rehhagels zahlreichen Spitznamen. Auch „Rehakles“ ist geläufig, seit er 2004 Griechenland sensationell zum Europameister-Titel führte. „Vom Außenseiter zum Europameister“ überschrieb Rehhagel einen Teil seines lebhaften, keineswegs steifen Vortrags: „Ihr seht, man kann alles erreichen. Egal, woher man kommt“, bläute er seinen jungen Zuhörern ein.

Er ist Sohn eines Bergmanns, seine Kindheit geprägt von der Nachkriegszeit. „Damals waren alle mittellos, aber wir sind wunderbar miteinander klargekommen.“ Er wiederholte mehrfach: „Ohne Fleiß, kein Preis. Und haltet euch an die Regeln.“ Dann könne man mit Disziplin alles erreichen, wie er emotional plädierte.

„Für die Schüler ist es spannend, jemand aus dem Fußball zu sehen“, sagte der stellvertretende Rektor Dietmar Große-Beckmann. Und eben die Botschaft, dass man „alles erreichen kann und auch mal eine Niederlage einstecken darf“. Wenn die Schüler den Weisheiten ebenso aufmerksam folgen, wie sie an den Lippen Rehhagels klebten, dürfte ihnen jede Türe im Leben offenstehen.